Digital Leadership - mit Vertrauen die Zukunft gestalten
31. Aug 2023 | 3 min.
31. Aug 2023 | 3 min.
Führung boomt. New Leadership, Leadership 4.0, Positive Leadership… Es entstehen immer neue Begriffe und der Markt wird mit Führungskräftetrainings, -coachings und -ratgebern überschwemmt. Ein Glück, denn es muss sich etwas ändern. Nur ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland war Ende vergangenen Jahres gemäß des alljährlichen Gallup Engagement Index mit ihrer direkten Führungskraft rundum zufrieden. Doch was genau soll sich eigentlich ändern?
Maßgeblich verantwortlich für die aktuellen Veränderungen in unserer Arbeitswelt ist die digitale Transformation. Jeder kennt sie, die einen lieben sie, die anderen fürchten sie. Eins ist sicher: Die Digitalisierung ist aktuell der Treiber der Innovation. Mit Folgen: Unternehmen müssen neue Ideen entwickeln und agil sein, um schnell auf die sich ändernden Rahmenbedingungen reagieren zu können. Bürokratie und umständliche Hierarchiewege stehen dem im Wege. Führungskräfte, die sämtliche Entscheidungen ihrer Mitarbeitenden verstehen und treffen sollen? Zu langsam. Eine Kultur, in der Wissen Macht ist? Ideenlos. Manuelle Exceltabellen mit 27 S-Verweisen? Oft zu fehleranfällig. Daher brauchen Führungskräfte einen neuen Ansatz: “Digital Leadership” – die Führung im Kontext der digitalen Transformation. Mit dem Leitgedanken „Digital First“ stoßen Digital Leader die Einführung und Nutzung digitaler Technologien im Unternehmen an. Sie überlegen, inwiefern neue Tools sinnvoll erscheinen, welche Prozesse automatisiert und welche Strukturen dafür angepasst werden können.
Doch selbst die motivierteste Führungskraft ist wirkungslos ohne motivierte Mitarbeitende. Deshalb arbeiten Digital Leader aktiv daran, eine Unternehmenskultur zu fördern, in der Mitarbeitende ein Bewusstsein für digitale Technologien und Innovationen entwickeln. Dies geschieht durch geeignete Change-Management-Ansätze, die Mitarbeitende in die Veränderungsprozesse einbeziehen, um Akzeptanz und Fähigkeiten aufzubauen. Wie alle Führungsstile ist Digital Leadership somit an Werte und Visionen, Abläufe und Strukturen gekoppelt, die sich in einer bestimmten Art und Weise zeigen.
Um die Möglichkeiten der digitalen Transformation im eigenen Unternehmen zu nutzen, brauchen Digital Leader ein passendes Mindset. In der Literatur wird an dieser Stelle oftmals auf das sogenannte „VOPA+“-Modell verwiesen. Das Akronym bezieht sich dabei auf fünf zentrale Merkmale.
Die wenigsten Personen und Unternehmen können heute noch autonom agieren. Erst das Zusammenwirken vieler verschiedener Köpfe aus den eigenen Reihen und der Wertschöpfungskette ermöglichen die Ideenvielfalt, die Innovation heutzutage braucht. Aufgabe der Digital Leader ist es demnach, ein starkes Netzwerk zwischen Mitarbeitenden und Stakeholdern über physische und virtuelle Wege zu etablieren.
Digital Leader geben sich und ihren Teams die Erlaubnis zu neuen Ansätzen, zum Teilen von Hoheitswissen, zu Feedback und zum Eingestehen von Fehlern. Diese Freiheit bewirkt im Umkehrschluss einen erhöhten Diskussionsbedarf und Konfliktpotenzial, worauf Digital Leader sensibel mithilfe sozialer Intelligenz und Vermittlungskompetenzen reagieren.
Ein Großteil der deutschen ArbeitnehmerInnen fühlt sich nach Gallup (2023) von ihrer Führungskraft nicht dazu inspiriert, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Eine wichtige Aufgabe von Digital Leadern besteht darin, die Selbstverantwortung von Mitarbeitenden zu fördern, indem sie anstelle von KommandantInnen oder KontrolleurInnen zunehmend als TrainerInnen, MentorInnen und Coaches auftreten.
„Lediglich 14 Prozent geben an, ihre Führungskraft inspiriere sie, Dinge zu tun, die sie sich selbst nicht zugetraut hätten.“
Gallup Engagement Index (2023)
Wer stets flexibel bleibt und dadurch rasch auf veränderte Gegebenheiten reagieren kann, ohne den Fokus auf den Kunden zu verlieren, wird sich gegenüber den Wettbewerbern behaupten. Dazu braucht es kurze Entscheidungswege durch selbstorganisierte Teams, Kundenzentriertheit und ein schnelles Lernen aus Fehlerversuchen, wozu Digital Leader anregen.
Grundlage dieser Merkmale bildet Vertrauen. Seit der Corona-Pandemie ist das Vertrauen in Vorgesetzte und insbesondere in das Top-Management laut Gallup (2023) deutlich gesunken. Diesem Trend wirken Digital Leader entgegen. Vertrauen von Führungskräften in Mitarbeitende und umgekehrt, Vertrauen in die eigenen Ideen und Ressourcen sowie Vertrauen in digitale Technologien bildet die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Wer nun von Digital Leadern erwartet, dass sie sich vor allem durch digitales Fachwissen auszeichnen und am besten in 0 und 1 zu denken, wird Organisationen damit nicht im gewünschten Sinne verändern können. Für einen gelingenden Wandel brauchen Digital Leader zusätzlich eine Vielzahl an Methoden- und Sozialkompetenzen.
Zusammengefasst sind Digital Leader die treibenden Kräfte bei der Digitalisierung bzw. Technologisierung von Unternehmen. Sie sind Vorbild für innovatives und agiles Verhalten und unterstützen ihre Mitarbeitenden, mit Offenheit neue Lösungen auszuprobieren, mutig eigenständige Entscheidungen zu treffen und durch ehrliches Feedback ihre Zusammenarbeit und Produkte stetig zu optimieren. Eine herausfordernde Aufgabe, die vielfältige Kompetenzen abverlangt und dennoch in der Welt von New Work nicht mehr wegzudenken ist.
Buhse, W. (2014). Management by Internet – Neue Führungsmodelle für Unternehmen in Zeiten der digitalen Transformation. Plassen.
Ciesielski, M. A., Schutz, T. (2016). Digitale Führung. Wie die neuen Technologien unsere Zusammenarbeit wertvoller machen, Springer Gabler.
Gallup Organization (2023). Engagement Index Deutschland 2022.
Petry, T. (Hrsg). (2019). Digital Leadership. Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy. Haufe.